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Die Europäische Wildrebe
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Europäische Wildrebe mit männlichen Blüten (© Gloria Ledesma-Krist)
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Wildreben im Botanischen Garten (Botanisches Institut, KIT)
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Die europäische Wildrebe
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Die Europäische Wildrebe (Vitis vinifera ssp. sylvestris) ist die Stammform unserer Kulturreben.
Sie war in vorgeschichtlicher Zeit in Mitteleuropa verbreitet, hatte sich während der Eiszeiten in den Mittelmeerraum zurückgezogen
und ist nach der Eiszeit wieder entlang der Flüsse wie Donau und Rhone bis in unseren Raum am Oberrhein zurückgekehrt
(postglaziale Remigration).
Die Wildrebenbestände am Oberrhein sind in den letzten beiden Jahrhunderten drastisch geschwunden.
Waren es Mitte des 19. Jahrhunderts noch viele tausend und um die Wende zum 20. Jahrhundert noch wenige hundert Reben,
so gibt es um die Wende zum 21. Jahrhundert nur noch etwa 50 Exemplare. Diese stehen in den Auwäldern der Halbinsel Ketsch
und der Reißinsel bei Mannheim sowie bei Colmar im Elsass. Vielfältige Gründe wie die Trockenlegung der Auwälder, Kahlschläge
und Durchforstungsarbeiten, Verbiss durch Wildbesatz sowie Verwechslung mit der Waldrebe und Unachtsamkeit haben dazu geführt,
dass die Europäische Wildrebe am Oberrhein vom Aussterben bedroht ist. Sie steht hierzulande auf der Roten Liste
und zählt zu den streng geschützten Arten.
Die Europäische Wildrebe wächst als Liane an den Bäumen in den Auenwäldern empor und kann über 20 m hoch werden.
Sie ist die einzige europäische Wildrebenart, während in Nordamerika oder Asien weitere Arten präsent sind.
Die Europäische Wildrebe ist im Gegensatz zur Kulturrebe zweihäusig, d.h. es gibt männliche und weibliche Exemplare.
Wildrebe (Vitis vinifera ssp. sylvestris) und Kulturrebe (Vitis vinifera ssp. vinifera) sind
Unterarten derselben Art (Vitis vinifera); damit sind sie untereinander kreuzbar.
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Wildreben-Projekt am WWF-Auen-Institut in Rastatt
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Am WWF-Auen-Institut in Rastatt findet unter der Leitung von Prof. Dr. Emil Dister ein Projekt zur "Überlebenssicherung
der Wildrebe in den Rheinauen durch gezielte In-Situ-Erhaltung" statt. Das Projekt beinhaltet folgende Arbeitsschritte:
Identifizierung und Beschreibung der Wildrebenstandorte, Charakterisierung der Individuen (morphologisch und genetisch),
Vermehrung der Individuen, Auswahl neuer Standorte für die Wiederausbringung, Ausbringung in situ, Aufbau eines ex situ-Bestandes,
Monitoring.
(Kontakt: Frau Dr. Gloria Ledesma-Krist (gloria.ledesma-krist(at)kit.edu))
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Wildreben-Projekt am Botanischen Institut des KIT in Karlsruhe
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Am Botanischen Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gibt es in Partnerschaft ein weiteres Wilrebenprojekt
unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Nick. Dort geht man der Frage nach, ob die Wildrebe noch besondere Resistenzen
gegen den Echten und den Falschen Mehltau und die Schwarzfäule besitzt.
Um 1850 wurde aus Amerika der Oidiumpilz, der Echte Mehltau, eingeschleppt. Es folgte um 1870 die Reblaus und
um 1885 der Falsche Mehltau, die Peronospora. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts fiel in Europa die Schwarzfäule,
eine ursprünglich nur in Nordamerika vorkommende Pilzkrankheit, ein.
Die europäischen Reben waren sehr anfällig und große Ernteausfälle waren die Folge.
Der Reblaus begegnet man bis heute mit amerikanischen reblausresistenten Unterlagsreben, auf die man die gewünschte Edelsorte aufpropft.
Die Bekämpfung der Pilzkrankheiten erfolgt vielfach mit schädlichen oder die Umwelt belastenden Stoffen.
Die weitere Frage stellt sich: Kann man gegebenenfalls die Resistenzen der Wildrebe nutzen, um mittels Kreuzung den biologischen Pflanzenschutz
zu fördern?
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Wildreben-Sammlung im Botanischen Garten des KIT
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In Begleitung der Wildreben-Projekte wurde im Botanischen Garten des Botanischen Instituts eine umfangreiche
internationale Wildrebensammlung angelegt.
Auch von den wenigen verbliebenen Europäischen Wildreben am Oberrhein wurden Steckhölzer gewonnen und zu neuen Wildreben herangezogen.
Diese werden im Rahmen des Auen-Projekts an geeigneten Standorten in den Rheinauen ausgebracht.
Ziel ist es, am Oberrhein wieder lebensfähige Wildpopulationen zu begründen.
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Ausbringung von Wildreben an der Raukehl zu naturpädagogischen Zwecken
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Die NaturFreunde Rastatt hatten von den Projektträgern vier Wildreben, zwei weibliche und zwei männliche Exemplare,
zur Verfügung gestellt bekommen, allesamt aus Stecklingen von der Halbinsel Ketsch gezogen.
Diese wurden am 6. März 2013 unter Anwesenheit von Prof. Dr. Emil Dister bei der Naturerlebnisstation NEST Raukehl in den Rheinauen bei Plittersdorf an geeigneten Plätzen ausgebracht.
Anhand dieser Pflanzen wollen die NaturFreunde Rastatt auf bedrohte Pflanzen und Tiere in den Rheinauen aufmerksam machen und jungen Menschen
die Notwendigkeit des Artenschutzes nahe bringen.
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Jungpflanzen der Europäischen Wildrebe werden am 6. März 2013 ...
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an der Naturerlebnisstation NEST Raukehl bei Plittersdorf ausgebracht.
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Die vier Wildreben wuchsen zunächst gut an. Im Mai wurde festgestellt, dass eine Rebe von der Pockenmilbe befallen war,
was aber weiter nicht schlimm war. Dann kam in der ersten Junihälfte ein gewaltiges Hochwasser.
Die Raukehl stand zwei Wochen lang unter Wasser, davon drei Tage bei einer Wasserhöhe von etwa 1,50 Meter.
Die Wildreben sahen danach etwas "mitgenommen" aus; die Rebe mit der Pockenmilbe wirkte abgestorben.
Doch die Wildreben erholten sich in der Folgezeit gut. Und selbst die Pockenmilbe-Rebe trieb wieder neu aus.
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Alle vier Pflanzen ...
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... wachsen zunächst gut an.
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Drei überstehen das Hochwasser gut.
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Eine Pflanze von der Pockenmilbe befallen
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Zwei Wochen Hochwasser an der Raukehl
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Pflanze, wie abgestorben, treibt neu aus
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Hybriden im Murgwinkel
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Vor Jahren wurden in dem Waldgebiet zwischen Murg und Rhein Wildreben ausgebracht.
Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass es sich dabei um Hybriden gehandelt hat.
Eine Ausbringung der echten Europäischen Wildrebe in diesem Gebiet ist deshalb nicht angebracht,
es sei denn die Hybridenreben werden zuvor entfernt.
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Hybriden-Reben ...
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... vom Murgwinkel
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Züchtungen am Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof bei Siebeldingen in der Pfalz
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Neben den Stecklingen im Botanischen Garten in Karlsruhe hat das Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof
bei Siebeldingen in der Pfalz Sämlinge der Europäischen Wildrebe herangezogen.
Das Institut widmet sich angesichts einer dramatisch schwindenden Vielfalt an Wildreben einer Bestandsaufnahme
der noch weltweit existierenden Reben. Darüber hinaus liegt ein Schwerpunkt des Instituts auf der Züchtung resistenter Rebsorten,
ein wichtiger Beitrag zu einem nachhaltigen umweltschonenden Weinbau. Hierzu könnten die Wildreben, die noch gewisse Resistenzen aufweisen, von Bedeutung sein.
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Weinbauinstitut Geilweilerhof in Siebeldingen ⁄ Pfalz
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Kultivierte Wildreben aus Sämlingen (Ketsch)
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Europäische Wildreben
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Wildrebe mit Trauben
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Links und Literatur
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• Botanisches Institut (KIT): Das Wildrebenprojekt
• WWF-Auen-Institut Rastatt: Institut
• Julius Kühn-Institut (JKI): Institut für Rebenzüchtung
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